Die Cannabisindustrie nimmt über 7,7 Milliarden Dollar (6,7 Milliarden Euro) pro Jahr ein – und die Prognosen sind rosig: Bis 2012 soll diese Zahl noch auf über 31,4 Milliarden Dollar (27,55 Milliarden Euro) pro Jahr steigen, was einer Wachstumsrate von 60 % pro Jahr entspricht. Viele Länder bringen alles mit, um eine Schlüsselrolle auf dem neuen Markt einzunehmen. Spanien beispielsweise hat optimale Anbaubedingungen und dank seiner langen Tradition im Anbau anderer Pflanzen, z. B. Blumen, eine sehr gut ausgebaute Infrastruktur. Viele Firmen stehen in den Startlöchern, um sich beste Voraussetzung auf dem neuen, hart umkämpften Markt zu verschaffen.
Es gibt keinen Zweifel daran, dass sich das Geschäft mit Cannabis bzw. die gesamte Cannabisindustrie im Aufschwung befindet. Die Vorteile der Pflanze sind durch immer mehr wissenschaftliche Beweise belegt; immer mehr Länder ändern ihre Gesetze und entkriminalisieren ihre Nutzung, um das therapeutische sowie wirtschaftliche Potenzial der Pflanze nutzen zu können. Nach offiziellen Zahlen nimmt der Sektor bereits jetzt 7,7 Milliarden Dollar (6,7 Milliarden Euro) pro Jahr ein, und Prognosen zufolge soll diese Zahl 2021 sogar auf über 31,4 Milliarden Dollar (27,55 Milliarden Euro) steigen. Besonders für Regionen, deren Wirtschaft durch verschiedene Faktoren geschwächt wurde, könnte dies eine große Chance sein. Am meisten wird die wachsende Bedeutung von Cannabis dabei in Branchen wie dem Tourismus, der Pharmaindustrie und der Landwirtschaft zu spüren sein.
Valencia als europäische Cannabis-Hauptstadt?
In Valencia (Spanien) hat bereits ein großer multinationaler Konzern aus den USA in die Cannabisbranche investiert und kann nun die vorhandene Infrastruktur und die optimalen Klimabedingungen (300 Sonnenstunden pro Jahr!) nutzen: Freedom Leaf, eine Firma mit Hauptsitz in Las Vegas, hat für 4,1 Millionen Euro 37 000 m2 große Gewächshäuser aufgekauft, in denen bislang Weihnachtssterne angebaut wurden.
In den besten Tagen wurden dort von mehr als 80 Arbeitern Millionen von Weihnachtssterne angepflanzt. Was einst einer der größten Weihnachtsstern-Produzenten Europas war, will die amerikanische Firma nun zu einer der größten Marihuana-Plantagen des europäischen Kontinents umbauen. Die finanzielle Unterstützung für das Projekt liefert Merida Capital, eine auf die Cannabisindustrie spezialisierte Risikokapitalgesellschaft.
Dass die Wahl auf Weihnachtsstern-Plantagen gefallen ist, ist dabei kein Zufall, denn der Anbau der Blumen ähnelt dem von Cannabis stark. Genau wie bei der Cannabispflanze ist auch die Entwicklung dieser Blume fotoperiodenabhängig. Dieser Faktor wird in vielen landwirtschaftlichen Bereichen mittels verschiedenen Technologien kontrolliert, für den Anbau von saisonalen Schnittblumen ist er jedoch besonders relevant.
Das Licht wird gesteuert, um die Tage künstlich zu verlängern oder zu verkürzen und die Pflanzen dann zur Blüte zu bringen, wann der Produzent es will statt wann es natürlich an der Zeit wäre. Eine Verlängerung der Tage wird durch den Einsatz spezieller Lampen erreicht, die nicht nur die Lichtstunden, sondern auch die Lichtintensität steuern. Sind dagegen mehr Dunkelstunden nötig, so werden Hitzeschilder und spezielle Shading-Planen verwendet. Sie sollen jede Ritze schließen, durch die Licht dringen könnte, da dies den gewünschten Wachstumsrhythmus verändern könnte.
Das ist die gleiche Technik, wie sie auch die Bauern im Humboldt County verwenden, wenn sie die Ernte auf August vorziehen wollen, um ihre Ware verkaufen zu können, bevor der Markt im Oktober und November überflutet wird, wenn die Ernte der Outdoor-Kulturen eintrifft. Sie wird also light deprivation (Lichtentzug) bezeichnet und reduziert die Lichtstunden im Gewächshaus künstlich, damit die Pflanzen früher reifen.
Blumenzucht – zwischen Umstrukturierung, Innovation und Niedergang
Wie der Rückgang des Anteils des primären Sektors am globalen BIP zeigt, ist die Landwirtschaft in vielen Ländern im Rückgang. In Europa ist diese Tendenz im ganzen Agrarsektor zu spüren, vor allem aber in der Blumenzucht. Der Handel mit Blumen hat mit ernsthaften Problemen zu kämpfen, beispielsweise der wachsenden Konkurrenz von Entwicklungsländern mit niedrigeren Produktionskosten. Länder wie Marokko, Mexiko, Kenia, Israel oder Kolumbien machen den europäischen Firmen den wichtigsten Abnehmer, West-Europa, streitig und zwingen sie dazu, die Gewinnspannen immer mehr zu reduzieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben, was nicht alle Firmen sich erlauben können.
Um ihr Überleben zu garantierten, muss die Branche deshalb unbedingt handeln und Maßnahmen ergreifen. Vielleicht könnte die Krise überwunden werden, indem man auf den Hanfanbau setzt, dem eine vielversprechende Zukunft prophezeit wird und der schon im Fokus vieler Firmen steht, die sich in der aufstrebenden Branche gut positionieren wollen.
So jedenfalls ist es in den USA geschehen, wo bereits der Weg für Investoren, die im Hanfanbau Fuß fassen wollen, frei gemacht wurde. Es wurden vorhandene Infrastrukturen genutzt, z. T. leer stehend, z. T. noch in Gebrauch, in denen bislang verschiedene Blumensorten angebaut wurden und die sich leicht in Cannabis-Plantagen umwandeln lassen. Die Legalisierung in manchen Staaten sowie in Kanada, der breite, noch kaum genutzte Abnehmermarkt, die geringe Konkurrenz und günstige politische Maßnahmen verschiedener Institutionen haben gute Rahmenbedingungen dafür geschaffen. Und bislang scheinen die Ergebnisse der neuen Branche ziemlich vielversprechend.
In vielen Countys von Colorado, Massachusetts und Oregon kam es bereits zu einem regelrechten Immobilien-Boom um verlassene Bauernhöfe und Baumschulen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Investoren der Cannabis-Branche Orte vorziehen, die bereits auf den Anbau von Blumen ausgerichtet waren und deshalb ähnliche Anlagen mitbringen, wie sie auch für den Hanfanbau benötigt werden. Blumen-Farmen, die bereits geschlossen waren oder kurz vor der Schließung standen, konnte so neues Leben eingehaucht werden.
In manchen Staaten wie Kalifornien wurde dies sogar durch die Behörden selbst gefördert. In Monterrey County beispielsweise veranlasst eine städtische Verordnung Firmen, die eine Marihuana-Plantage aufziehen wollen, bereits vorhandene Anbauflächen zu nutzen. Dies hat die landwirtschaftlich nutzbaren Flächen der Region deutlich aufgewertet: Während ein 4 Hektar-Feld 2015 um die 2,5 Millionen Dollar (etwas mehr als 2 Millionen Euro) kostete, lag der Preis 2017 bei knapp über 5 Millionen Dollar.
Spanien: Mangelnde Transparenz und Geheimniskrämerei
Obwohl kaum etwas darüber an die Öffentlichkeit kommt und Transparenz in der Branche ohnehin ein Fremdwort scheint, ist es Tatsache, dass sich in Spanien gerade eine durchaus starke legale Cannabisindustrie entwickelt. Fünf große Firmen, die vom Gesundheitsministerium die Genehmigung erhalten haben, zu therapeutischen sowie Forschungszwecken Cannabis anzubauen, bestreiten den Markt unter sich. Momentan liegt die Anbaufläche bei 20 000 Hektar.
Es ist jedoch alles andere als leicht für Firmen, auf diesem Gebiet Fuß zu fassen. Die Zulassungsverfahren sind kompliziert, und es gibt Einschränkungen, die den freien Zugang erschweren. Viele Anträge werden von den Behörden abgelehnt, wenn sie nicht exakt den im Regelwerk aufgeführten Fällen entsprechen. Der Agencia Española de Medicamentos y Productos Sanitarios (AEMPS; dt.: Spanische Agentur für Medikamente und Medizinprodukte) zufolge werden die Zulassungen am häufigsten deshalb verweigert, weil das Anbauziel nicht genau so vom Gesetz vorgesehen ist, weil kein zugelassener Hersteller für die Weiterverarbeitung der Ernte aufgeführt ist oder weil die Zulässigkeit der Samen oder der Pflanzen nicht nachgewiesen werden konnte.
Um das Potenzial von Cannabis ausreizen, mit ihm Sektoren wie der Blumenzucht und allgemein der Landwirtschaft auf die Sprünge helfen und die gesamtwirtschaftlichen Vorteile nutzen zu können, sind mutige Gesetze notwendig, die alte Vorteile hinter sich lassen und sich auf wissenschaftliche Beweise gründen. Wir sind uns sicher, dass dies allen zugutekommen würde, den Konsumenten, den Firmen, aber auch der Gesamtbevölkerung an sich.
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