Das Repräsentantenhaus der USA hat Ende September über ein Gesetz abgestimmt, das Banken ermöglichen soll, in den Staaten, wo Cannabis legal ist, Dienstleistungen für Cannabisfirmen anzubieten. Der Gesetzentwurf wurde mit 321 Pro- und 103 Kontrastimmen angenommen und geht jetzt an den Senat. Was dort mit ihm passiert, ist noch ungewiss, denn obwohl er von den Demokraten fast einstimmig unterstützt wurde, zweifelt man in den republikanischen Reihen daran, ob man den Banken grünes Licht fürs Mitwirken in der Branche geben soll, solange Marihuana auf Bundesebene noch illegal ist.
Der sogenannte Safe Banking Act (oder Secure And Fair Enforcement Banking Act of 2019) ging Anfang dieses Jahres beim amerikanischen Repräsentantenhaus ein. Sein Ziel: die Finanzinstitute zu schützen, die Marihuana-Firmen Bankleistungen anbieten wollen. Er ist das erste unabhängige Gesetz über Cannabis, über das im US-Kongress abgestimmt wird, und würde die Kreditinstitute davor schützen, auf Bundesebene ins Visier zu geraten, wenn sie mit der Marihuanaindustrie zusammenarbeiten.
Am Mittwoch, dem 25. September, hat das Repräsentantenhaus offiziell über dieses Gesetz abgestimmt, in einem Verfahren, das als suspension of rules bezeichnet wird und normalerweise für Fälle gedacht ist, wo die Gesetzgeber einen Gesetzesentwurf schnell durchwinken wollen. Damit letzterer durchkommt, ist hierbei eine Zweidrittelmehrheit (mind. 290 Stimmen von 435) nötig.
Die Abgeordneten haben mit einer großen Mehrheit für das Gesetz gestimmt (321 Pro-, 103 Kontrastimmen) und damit nicht nur alle Erwartungen übertroffen, sondern auch gezeigt, dass die Reform der Bankgesetze für die Cannabisindustrie längst zu einer parteiübergreifenden Angelegenheit gewachsen ist.
Es ist das erste Mal, dass ein unabhängiger, direkt mit Marihuana zusammenhängender Gesetzentwurf angenommen wurde. Bislang hatte das Repräsentantenhaus nur Änderungen an Gesetzen vorgenommen, die den Handel mit Cannabis betreffen, darunter auch eine im Sommer, die eine Intervention des Bundes in die Marihuana-Programme der Bundesstaaten verhindern soll. Das Gesetz wird in Kraft treten, wenn der Senat ebenfalls dafür stimmt und ganz am Schluss auch der Präsident unterzeichnet.
Ein überfälliges Gesetz
In den letzten Jahren hat die Marihuana-Industrie einen regelrechten Boom erlebt, und in den nächsten 10 Jahren sollen die legalen Verkäufe Prognosen zufolge sogar noch ums Fünfzehn- oder Achtzehnfache steigen im Vergleich zu den für 2018 erfassten internationalen Verkaufszahlen, die sich auf rund 10 Milliarden Dollar belaufen.
Bei all diesen Wachstumsprognosen aber gibt es nach wie vor einen unsicheren Punkt: die USA. Obwohl der Bundesstaat einer der lukrativsten Cannabismärkte der Welt ist, beharrt die Bundesregierung auf der Klassifizierung von Marihuana als kontrollierte Substanz der Kategorie I, – gemeinsam mit Heroin und LSD – mit den entsprechenden Konsequenzen.
Für die Firmen, die in der US-amerikanischen Cannabisbranche tätig sind, gilt Paragraph 280E des Steuergesetzes, der Anfang der 1980er eingeführt wurde, um Geldwäsche auf dem Schwarzmarkt und das Absetzen von „Geschäftskosten" von der Steuer bei Drogenhändlern zu verhindern.
Einfacher ausgedrückt können die Marihuana-Firmen die bundesweiten Einkommenssteuern also nicht absetzen; ausgenommen sind hiervon nur die Kosten für die verkauften Produkte. Wenn eine Firma gut läuft, kann daher ein effektiver Steuersatz von 70 bis 90 % anfallen, wodurch sehr wenig Geld für neue Investitionen oder die Einstellung von mehr Personal übrigbleibt.
Außerdem haben die amerikanischen Cannabis-Firmen nur sehr begrenzt Zugang zu grundlegenden Bankleistungen wie Darlehen, Kreditlinien oder sogar Konten. Denn nachdem die Finanzinstitute der Federal Deposit Insurance Corporation (FDIC) berichtpflichtig sind und besagte FDIC ein Bundesorgan ist, befürchten die Banken und Kreditgenossenschaften finanzielle oder strafrechtliche Auswirkungen im Fall einer Zusammenarbeit mit Firmen aus dem Cannabis-Bereich.
Dadurch haben die Unternehmen der „grünen" Branche nur sehr begrenzten Handlungsspielraum: Manche machen sich von einer Handvoll lokaler Finanzinstitute abhängig, andere handeln nur mit Bargeld, was natürlich große Sicherheitsprobleme nach sich zieht und das Firmenwachstum erheblich behindert.
Und was jetzt?
Da der Safe Banking Act bereits das Unterhaus passiert hat, kommt er nun in den von den Republikanern dominierten Senat. Leider hat die republikanische Partei aber traditionell eine etwas negativere Meinung über Marihuana als die demokratische. Somit ist es bereits deutlich unwahrscheinlicher, dass der Gesetzentwurf die nötigen Stimmen für ein „Ja" vom Senat erhält.
Auch wenn die Republikaner aus dem Senat sich grundsätzlich gesprächsbereit zu zeigen scheinen, was die Bankreform angeht, entspricht der konkrete Gesetzentwurf, den der Kongress gerade angenommen hat, vielleicht nicht den Maßnahmen, die ihnen vorschweben. Um die Republikaner davon zu überzeugen, für das Gesetz zu stimmen, sind möglicherweise gewisse Zugeständnisse wie Schutzmaßnahmen für Hanf- und CBD-Firmen oder Garantien, dass die Bundesregierung sich nicht in Branchen wie die Feuerwaffenindustrie einmischen darf, notwendig
Selbst unter den Demokraten im Senat könnte es einige geben, die den Safe Banking Act ablehnen, weil sie es für unvorsichtig halten, dieses Gesetz zu verabschieden, bevor nicht tiefergreifende Gesetzesreformen auf Bundesebene vorgenommen wurden. Nach Angaben des Präsidenten des Senats-Bankenkomitees, Mike Crapo, wird die Kammer jedoch noch vor Ende des Jahres über die Gesetzgebung bezüglich der Cannabis-Finanzleistungen abstimmen.
Auch wenn sich die Anhänger der Industrie und die Investoren zuversichtlich zeigen, gibt es also weiterhin Anzeichen dafür, dass es in nächster Zeit – und vielleicht bis nach den Wahlen, die 2020 anstehen – noch keine Entscheidung über die Bankenreform geben wird. Dennoch herrscht gerade Feierlaune nach dieser historischen Abstimmung, bei der zum ersten Mal ein eigenständiges Cannabis-Reformgesetz angenommen wurde. Wenn es tatsächlich in Kraft träte, würden mit Sicherheit alle Akteure der Branche davon profitieren.
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