Es ist viel Arbeit, bis eine neue Cannabissorte entwickelt ist und zum Verkauf angeboten werden kann. Aber da wir wissen, wie verführerisch die Idee ist, eine eigene Genetik-Linie zu produzieren und mit den eigenen Lieblingssorten Neues zu schaffen, beantworten wir euch in diesem Post die häufigsten Fragen, die beim Breeding eigener Cannabissamen auftreten.
Von Stoney Tark
Was bedeutet Hybrid-Kraft?
Wenn eine Pflanze sowohl während der Wachstumsphase als auch während der Blütephase Hybrid-Kraft unter Beweis stellt, sind im Vergleich zu den Elternpflanzen deutliche Verbesserungen in Aspekten wie der Struktur, dem Terpen- oder Harzprofil oder dem Ertrag bemerkbar.
Die ist der Fall, wenn aus der Verbindung der beiden Elterngenetiken eine neue Pflanzengeneration entsteht, die die besten Charakteristika beider Elternpflanzen aufweist – so ähnlich wie wenn von Natur aus durch die Evolution genetische Verbesserungen gelingen.
Warum treten bei meinen Pflanzen Mutationen auf?
Während der Wachstumsphase können Anomalien auftreten, z. B. dass die Pflanzen drei Blätter pro Internodium oder Blätter mit seltsamen Mutationen entwickeln, die nichts mit den Pflanzen zu tun haben, die ihr sonst kennt. Diese treten jedoch meistens nur in der 18/6-Phase auf und verschwinden wieder, bis die Blütephase beginnt.
Falls die Mutationen aber bei vielen Pflanzen zu beobachten sind, solltet ihr die Samen am besten aussortieren, falls nicht am Ende wirklich etwas Besonderes dabei herauskommt, da jede neue Sorte, die ihr mit ihnen entwickelt, ebenfalls wieder diese unerwünschten Charakteristika aufweisen wird.
Woher weiß man, welches die beste männliche Pflanze ist?
Aus persönlicher Erfahrung kann ich euch bestätigen, dass man am besten ein Männchen und ein Weibchen verwenden sollte, die sich ähneln, was das Aussehen, den Wuchsform, die Blattstruktur, die Größe und Breite angeht, um eine stabile Nachkommenschaft zu erhalten.
Wenn ihr kleine Männchen mit kleinen Weibchen kreuzt, erhaltet ihr logischerweise kleine bis mittelgroße Sorten, durch die Kombination eines langen, ranken Männchens mit einem vergleichbaren Weibchen wiederum entsprechende „Bohnenstangen".
Wie viele Samen bekommt man von einer Pflanze?
Das hängt ganz davon ab, wie groß die Pflanze ist, ob ihr nur die unteren Zweige oder auch das Hauptbud bestäubt, wie viel Pollen ihr verwendet und wie lange ihr die Pflanzen blühen lasst.
Wenn euch 150–300 Samen reichen, müsst ihr nur einen Seitenzweig bestäuben und entsprechend markieren, damit keine Verwechslungen passieren. Wenn ihr ehrgeizigere Ziele habt und an 1500–3000 Samen denkt, so müsst ihr eine ganze, große Pflanze bestäuben.
Woher weiß man, wann die Weibchen bestäubt werden müssen?
Es gibt zwei Dinge, an denen ihr euch orientieren könnt: erstens, ob bereits weiße Pistillen vorhanden sind, die erst nur Vorblüten sind und dann nach und nach alle Blüten bedecken. Wenn sie – meistens in der dritten Woche – erscheinen, ist es Zeit fürs Bestäuben.
Zweitens könnt ihr euch auch den Reifegrad der männlichen Pollensäckchen ansehen. Wenn diese sich von selbst öffnen und die unteren und seitlichen Blätter zu bestäuben beginnen, reicht es, die Pflanze leicht über den weiblichen Pistillen auszuschütteln, damit die Bestäubung erfolgt.
Wie lange dauert die Samengewinnung?
Um kräftige Samen zu erzeugen, die eine lange Lebensdauer haben, braucht man normalerweise ungefähr 6 Wochen. Je nach Sorte variiert dies aber, denn während manche schon nach 50 Tagen erntereif sind, brauchen andere 70 Tage oder sogar länger. Außerdem hängt es auch davon ab, wann das Weibchen bestäubt wurde.
Wenn ihr der bestäubten Pflanze genug Zeit und Nahrung gebt, werden die Samen auf jeden Fall perfekt reifen. Das Wichtigste ist, die Geduld nicht zu verlieren und abzuwarten, bis sie eine holzige Schale mit irgendeiner Art von Muster oder gräulichem Glanz haben. Gelbe und weiße Samen sind einfach noch nicht reif und liefern auch keine guten Ergebnisse.
Sollte man männliche oder weibliche Stecklinge produzieren?
Um die F1-Generation nochmal zu erzeugen, sie mit einer der Elternpflanzen rückzukreuzen, die nächsten 5 Jahre weiterzuarbeiten, bis ihr eine F5 erhaltet oder dasselbe Männchen für mehrere Sorten zu verwenden, müsst ihr sowohl einen weiblichen als auch einen männlichen Klon behalten.
Eine kleine weibliche Mutter- und Vaterpflanze am Leben zu halten ist nicht weiter schwer; man muss sie lediglich bei einem Lichtzyklus von 18/6 aufbewahren. Danach kann man entscheiden, was man mit den nächsten Linien vor hat.
Wie werden die Samen gereinigt?
Wenn die Samen reif und geerntet sind, müsst ihr sie als nächsten trocknen lassen und von den Pflanzenresten befreien, die noch an ihnen kleben. Eine einfache Methode dafür ist, sie in eine kleine, solide Box zu legen, abzuwarten, bis sie trocken sind, und sie dann zu föhnen, damit das Pflanzenmaterial von selbst abgeht. Die sauberen Samen packt ihr anschließend in eine Tüte ab und beschriftet diese, z. B. à la „F1-Samen von Skywalker Kush-Weibchen x AK47-Männchen".
Woher weiß man, ob die neue Samenlinie stabil ist?
Die Qualität der neuen Linie erkennt man an Aspekten wie der Keimrate, dem Wuchs und natürlich in der Blütephase, wo man am besten sieht, ob die Pflanzen auch schön homogen sind.
Wenn die F1-Phänotypen lauter Mutationen aufweisen und wohlgeformte Pflanzen die Ausnahme sind, solltet ihr lieber noch einmal von vorne anfangen und eine neue Linie mit anderen Elternpflanzen anfangen.
Was ist der beste Augenblick für die Ernte der Samen?
Ihr müsst abwarten, bis die Samen eine harte Schale – steingrau oder dunkelbraun mit Streifen oder Tupfen – haben. Wenn sie gelb oder grün sind, bedeutet das, dass sie noch nicht reif sind und vermutlich auch nicht keimen werden.
Sobald die Samen erntefertig sind, fallen einige aber sowieso von selbst aus den Blütenkelchen heraus. Um an die restlichen Samen zu kommen, müsst nur noch sanft über letztere streichen.
Was bedeutet P1, F1 und S1?
Um reguläre Samen zu erhalten, kreuzt man Elternpflanzen (P1) und kreuzt die daraus entstehende erste Generation (F1) und die F-Folgegenerationen weiter, wobei man sich immer mehr einer IBL-Nachkommenschaft (inbred line) annähert, d. h. Pflanzen mit einem praktisch identischen Genotyp.
Feminisierte Samen werden durch die Geschlechtsumkehr einer weiblichen Pflanzen mittels Kolloidalsilber und deren Kreuzung mit sich selbst (in einem Verfahren, das als Selbstbestäubung oder selfing bezeichnet wird) oder mit einem Weibchen von einer anderen Sorte gewonnen und daher als S1 bezeichnet.
Gibt es mehr Variationen, je weiter man eine Linie kreuzt?
Genau. Die meisten (erwünschten wie auch unerwünschten) Merkmale zeigen sich erst ab der F2-Generation; ab dann beginnt das Breeding richtig Früchte zu tragen. Ihr könnt euch das in etwa so vorstellen wie beim Menschen: Während bei eurem engsten Familienkreis noch vieles ähnlich ist, sieht das bei Großeltern, Onkeln etc. schon ganz anders aus. Allerdings müsst ihr euch sowohl auf positive als auch auf negative Überraschungen einstellen, insbesondere ab der F3-Generation.
Wo sollte man die Samen am besten lagern?
An einem Ort, an den kein Sonnenlicht kommt und wo Temperatur und Luftfeuchtigkeit stabil sind. Grower, die eine große Menge Samen haben, nutzen oft den Kühlschrank oder die Gefriertruhe, aber wenn es einen Kurzschluss gibt oder der Strom anderweitig ausfällt, kann der plötzliche Temperaturwechsel den Samen schaden. Die Samen einfach in eine Plastiktüte zu stecken und dann in einem Schuhkarton in den Schrank zu stellen ist keine allzu schlechte Alternative.
Was tun, wenn die Samen Zwitter-Merkmale aufweisen?
Wenn ihr Anzeichen für Hermaphroditismus entdeckt und dieser genetisch bedingt ist, solltet ihr die Samen und auch die Elternpflanzen, die für diese Kreuzung verantwortlich sind, sofort aussortieren. Ob dies der Fall ist, findet ihr heraus, wenn ihr 50 kleine Pflanzen anbaut und zur Blüte bringt. Verfallt aber nicht gleich in Panik, oft stecken auch die intensive Nutzung bestimmter Anbautechniken, ein starker Unterschied zwischen den Nacht- und Tagestemperaturen, Probleme mit der Beleuchtung wie Stromausfälle oder Glühbirnen in schlechtem Zustand oder sogar Stickstoffüberschuss beim Düngen dahinter. Sollte der Hermaphroditismus aber wirklich eine genetische Ursache haben, so solltet ihr die Samen wirklich aussortieren und keine weitere Kreuzung mit ihnen vornehmen.
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