Unter den Cannabinoiden ist CBD (Cannabidiol) unangefochten der Stoff, der am meisten mit seinen therapeutischen Eigenschaften Furore macht, doch ein anderes Cannabinoid könnte ihm bald den Rang ablaufen: CBN oder Cannabinol. Die Forschung über CBN steckt zwar noch in den Kinderschuhen, aber es gibt viele Hinweise darauf, dass es viele Vorteile bieten könnte, insbesondere für den Schlaf. Lest weiter und findet heraus, was sich hinter dem Cannabinoid verbirgt, welche Studien es bislang zu ihm gibt und inwiefern es sich als nützlich erweisen könnte.
Cannabis enthält nach bisherigem Wissensstand über 80 verschiedene Cannabinoide, die je nach der gewählten Sorte jeweils in unterschiedlichen Mengen vorliegen und synergetisch zusammenwirken können, was als „Entourage-Effekt" bezeichnet wird.
Die beiden meistvertretenen Cannabinoide sind normalerweise THC, der am stärksten psychoaktiv wirkende Inhaltsstoff der Cannabispflanze, und CBD, das keine psychoaktiven Effekte, dafür aber erwiesenermaßen viele medizinische Vorteile hat: Unter anderem wird es zur Behandlung von Epilepsie oder gegen stressbedingte Erkrankungen genutzt und hat sich deshalb längst zu einer attraktiven Alternative für Gesundheits- und Wellness-Produkte entwickelt. Auf CBN, das Cannabinoid, um das es uns heute geht, könnten ganz ähnliche Erfolge warten.
Obwohl CBD und THC (Tetrahydrocannabinol) die meisterforschten Cannabinoide sind, war es CBN, das Ende des 19. Jahrhunderts als erstes Cannabinoid wissenschaftlich isoliert werden konnte. Seine Struktur wurde Anfang der 1930er noch näher bestimmt, und die chemische Synthese gelang im Jahr 1940.
Wie wird CBN gebildet?
CBN ist ein Abbauprodukt von THC. Die Pflanze selbst produziert nicht viel CBN, doch mit der Zeit wird das THC durch Wärme- und Lichteinwirkung zu CBN umgewandelt. Bei diesem Verfallsprozess handelt es sich um eine Oxidation, also um eine Reaktion mit Sauerstoff.
Da CBN auf THC zurückgeht, hat es eine ähnliche Molekülstruktur wie das bekannte psychoaktive Cannabinoid, das „Cannabinol" ja sogar im Namen trägt (Tetrahydrocannabinol). Früher brachte man CBN aufgrund der Tatsache, dass es beim Altern von Cannabis entsteht, häufig mit altem oder schlecht getrocknetem bzw. gecurtem Cannabis in Verbindung. Deshalb hatte es lange nicht gerade den besten Ruf.
Bei Labortests an verschiedenen Objekten, die in einem über 2700 Jahre alten Grab von chinesischen Schamanen gefunden wurden, stellte sich heraus, dass CBN das meistpräsente Cannabinoid in der besterhaltenen Cannabis-Beigabe ist, einem der ältesten dokumentierten Cannabis-Funde der Geschichte!
CBN kann sich auch nach dem Erhitzen von Cannabis bilden. Der Prozess, der hierfür verantwortlich ist, wird „Decarboxylierung" genannt und wandelt außerdem auch die im „grünen", sprich rohen Cannabis vorliegenden Säuren THCA (Tetrahydrocannabinolsäure) und CBDA (Cannabidiolsäure) in die aktiven Cannabinoide THC und CBD um.
CBN kommt im Cannabis jedoch in niedrigeren Mengen vor. Während der CBD-Anteil der Blüten von kommerziellen Genetiken – auch dank der genetischen Hybridisierung – mittlerweile bis zu 15–20 % betragen kann, enthalten die meisten Pflanzen nur 1 % CBN oder sogar weniger. CBN-reiche Sorten gibt es also nicht wirklich, und tatsächlich ist immer erst Curing, Abbau oder Verdampfen nötig. Normalerweise beträgt der CBN-Gehalt nicht mehr als 1 %, auch wenn das Cannabis richtig gelagert wurde. Das CBN kann jedoch destilliert werden, damit seine Konzentration sich auf bis zu 60 % oder sogar mehr erhöht, genauso wie man es auch bei den CBD-Ölen macht.
Hat CBN psychoaktive Effekte?
Einer der großen Vorteile von CBD ist, dass es nicht psychoaktiv wirkt und damit in Produkten leichter zu regulieren und zu vertreiben ist. Man hat entdeckt, dass CBN im Gegensatz zu CBD sehr wohl leicht psychoaktiv ist, aber sehr viel weniger als THC. Die psychotrope, euphorisierende Wirkung eines Stoffes ist nämlich auf eine Reaktion der CB1-Rezeptoren des Endocannabinoid-Systems zurückzuführen, CBN hat jedoch aufgrund seiner Struktur nur eine niedrige Affinität zu diesen, sprich: Es passt einfach nicht so gut an die Rezeptoren wie THC.
Frühere Studien hatten eigentlich ergeben, dass CBN keine psychoaktive Wirkung besitzt. Bei einer Untersuchung aus dem Jahr 1973 beispielweise war sechs männlichen Testpersonen CBN verabreicht und befunden worden, es seien keine der „für THC charakteristischen geistigen oder körperlichen Effekte" zu beobachten. Auch eine Studie von 1980 kam zu dem Schluss, CBN habe „keine signifikante Auswirkung" auf die kognitiven oder motorischen Funktionen.
An sich führt CBN also nicht zu Psychosen oder Angstattacken, was ein großer Vorteil ist, da einige Cannabis-Nutzer sehr empfindlich auf THC reagieren. Es gibt jedoch Indizien dafür, dass das CBN die Wirkung von THC verstärken könnte. Eine Studie aus dem Jahr 1975 mit fünf männlichen Probanden ergab diesbezüglich, dass die Probanden sich stärker „high, betrunken, schwindelig und schläfrig" fühlten, wenn sie CBN mit THC einnahmen. Das Fazit lautete, dass „CBN die Wirkung von THC in einigen physiologischen und psychologischen Aspekten verstärkt, allerdings nur geringfügig". Es gibt demnach scheinbar eine Art synergetischen Effekt zwischen THC und CBN. Falls ihr also anfällig in Bezug auf THC seid, beispielsweise mit Schwindel oder Schläfrigkeit zu kämpfen habt, wird dies noch stärker, wenn ihr CBN zufügt.
CBN zum Schlafen?
Es werden viele Hoffnungen in die Verwendung von CBN als Schlafmittel gesetzt. Kein Wunder, denn nach dem Institute of Medicine sind allein in den USA zwischen 50 und 70 Millionen Menschen von Schlafstörungen betroffen, und nicht weniger als 3,5 Millionen Amerikaner brauchen Medikamente, um schlafen zu können. Doch auch wenn viele von Wundermitteln für erholsame Nächte träumen, ist es zu früh, um definitiv sagen zu können, dass CBD den Schlaf beeinflusst.
Die Annahme, dass CBN schläfrig macht, geht unter anderem auf einen Bericht des Cannabis-Test-Labors Steep Hill zurück, in dem behauptet wird, 5 mg CBN könnten ebenso effektiv wie 10 mg Diazepam sein, ein starkes Beruhigungsmittel, das auch unter dem Namen „Valium" bekannt ist. Diese Behauptung stimmt jedoch nicht zwangsweise, nachdem die Studie nur mit fünf männlichen Probanden durchgeführt wurde – einer Zahl, die statistisch gesehen einfach nicht aussagekräftig ist. Es sind noch solidere Daten nötig, die auch einer genaueren Prüfung standhalten.
Seitdem wurden mehrere Versuche durchgeführt, die ergaben, dass CBN „keine signifikanten sedierenden Eigenschaften" hat. Eine 1995 durchgeführte Studie allerdings kam zu dem Schluss, dass CBN die „Schlafdauer maßgeblich verlängert", es aber zu Wechselwirkungen mit Pentobarbital kam, dem Medikament, das zur Behandlung von Schlaflosigkeit eingesetzt wird. Anderen Studien mit CBN-Produkten zufolge wiederum sei kein wesentlicher Einfluss auf die Schlafdauer festzustellen.
Während die wissenschaftliche Belege dafür, ob CBN nun gut fürs Schlafen ist, nur begrenzt und sehr widersprüchlich sind, gibt es unzählige Berichte von Patienten und Cannabis-Nutzern, die beteuern, das Cannabinoid helfe ihnen. Viele behaupten, sie hätten nicht mehr so gut geschlafen, seit sie denken können.
Andere mögliche Effekte
Als Cannabinoid, das mit unserem Endocannabinoid-System interagiert, hat CBN auch noch viele andere Anwendungen, ebenso wie CBD gegen viele Beschwerden hilft. Diese breitflächige Wirkung der Cannabinoide ist der Tatsache zu verdanken, dass das Endocannabinoid-System überall in der menschlichen Physiologie mitwirkt. Je nach Dosierung können dabei überraschend unterschiedliche Effekte erzielt werden.
CBN könnte beispielsweise wie CBD äußerlich angewendet werden, da es erwiesenermaßen die Bildung von Keratinozyten (hornbildenden Zellen) verringert und somit gegen schuppige Haut hilft. Was die Haut angeht, besitzen die Cannabinoide dabei ganz grundsätzlich ein enorm großes Potenzial. CBN könnte zudem auch helfen, den Appetit anzuregen: Eine Studie von 2012 zeigte, dass CBN den Appetit von Ratten erhöht, während CBD diesen senkt. Wenn man einer Untersuchung von 1984 glaubt, die eine Reduktion des Augeninnendrucks bei Laborkatzen bescheinigte, könnte CBN sogar Abhilfe gegen Grünen Star schaffen.
Ratten, Katzen, fünf menschliche Probanden – ihr seht, dass die CBN-Forschung noch in den Kinderschuhen steckt und es zwar viele Behauptungen über seine Auswirkungen auf den Schlaf gibt, die Wissenschaft aber bislang einfach nicht weit genug ist, als dass man definitiv sagen könnte, dass es wirkt. Wenn ihr aber einfach einen Versuch wagen und den Erfahrungen anderer vertrauen wollt, so lohnt sich das bestimmt!
Gebt uns ein Feedback
Deine Bewertung (zwischen 1 und 5)
1 2 3 4 5Hinterlass uns einen Kommentar
Kommentare in anderen Sprachen lesen